Das ist der Claim der Chromos Group für das Jahr 2023. Was Chromos in diesem Jahr bewegt hat, darüber die Graphische Revue mit dem Inhaber Daniel Broglie und dem Marketingverantwortlichen Walter Weber gesprochen. Darüber hinaus gaben sie einen Einblick, wie das Unternehmen auf aktuelle Trends reagiert und wie man die Zukunft gestalten möchte.
Es scheint so, als wäre Veränderung die einzige Konstante. Wie hat sich Chromos in den letzten Jahren verändert?
Daniel Broglie: Wenn ich auf unsere 77-jährige Geschichte zurückblicke, dann war sie immer von Veränderungen geprägt. Der Generationenwechsel von meinem Vater zu meinem Bruder und mir war eine Herausforderung. Doch wir haben alle an einem Strang gezogen und Einzelinteressen hintangestellt. Unsere Devise lautet immer »Company first«. Eine weitere große Veränderung war die Fusion von Chromos und Fujifilm vor zwei Jahren in der Schweiz. Diesen Schritt bewertete der Markt sehr positiv. Im Zuge dessen haben wir auch das Management neu aufgestellt und ein dreiköpfiges Team – mit Walter Weber, meinem Bruder und mir – geschaffen. Walter Weber kümmert sich um das Marketing, mein Bruder um die internen Angelegenheiten, und ich verantworte die Bereiche Kunden und Lieferanten. Auch in Österreich kam es zu einer Fusion, indem wir Reico, die sich um das Verbrauchsmaterialgeschäft in Österreich gekümmert hat, mit Chromos Österreich verschmolzen haben. Gleichzeitig haben wir, entgegen dem aktuellen Markttrend, unser Team ausgebaut. Insgesamt beschäftigt Chromos Österreich heute zwölf Mitarbeitende, die neben den Verbrauchsmaterialien konventionelle und digitale Lösungen für den Akzidenz-, den Etiketten- und den Verpackungsdruck anbieten und für ein darauf abgestimmtes Service sorgen.
Walter Weber: Auf dem Sektor Printing versuchen wir, unser Portfolio in der Schweiz, in Deutschland und in Österreich anzugleichen. Im Bereich der Verbrauchsmaterialien ergeben sich interessante Synergien, sei es in Hinblick auf den Know-how Transfer oder die Verfügbarkeit – und das wiederum kommt den Kunden zugute.
Welche aktuellen Trends haben sich unmittelbar auf die Strategie von Chromos ausgewirkt?
Daniel Broglie: Wir haben uns vor drei Jahren angesehen, welche Trends unsere Industrie in der Zukunft verändern werden. Dabei haben wir fünf Themenbereiche erkannt. Dazu gehören Individualisierung, Nachhaltigkeit, Automatisierung, Modern Working sowie Konnektivität. Es ist wichtig, dass man alle diese Trends auf dem Radar hat. Daraus leiten sich die Innovationen ab, mit denen unsere Kunden und wir in Zukunft erfolgreich sein werden.
Wie unterstützt ihr Kunden aus der Druck- und Verpackungsindustrie bei den anstehenden, teilweise disruptiven Veränderungen?
Walter Weber: Wir glauben an die Kraft der Schwarmintelligenz und sind davon überzeugt, dass Kooperationen einen immer größeren Stellenwert einnehmen werden. Unser Claim für 2023 lautet: »Gemeinsam mehr bewegen«. Das gilt gleichermaßen intern wie extern und manifestiert sich auch in unserer technischen Expertise sowie in der anwendungstechnischen Unterstützung unserer Kunden.
Daniel Broglie: In Österreich wird die Schweiz als Hochpreisland gesehen. Dem begegnen wir mit einer lokalen, österreichischen
Unternehmensstruktur, wodurch wir absolut wettbewerbsfähig sind. Mit unserem Schweizer Background pflegen wir einen pragmatischen Umgang mit Neukunden und übernehmen nicht jedes Geschäft. Auch das hat etwas mit nachhaltigem Wirtschaften zu tun. Über die Jahre konnten wir dank dieses Ansatzes viel Vertrauen am österreichischen Markt aufbauen.
Welche Rolle wird Print künftig spielen?
Daniel Broglie: Print hat ganz klare Alleinstellungsmerkmale, was etwa Design, Optik, Haptik und vieles mehr anbelangt. Es gibt auch viele Beispiele dafür, wie sich Print und Digital gegenseitig befeuern. Eines davon ist das TikTok-Book – eine Empfehlungsplattform für Bücher. Eine positive Bewertung auf TikTok puscht die Verkaufszahlen. Darüber hinaus gibt es den Megatrend der Individualisierung, der durch den Digitaldruck und durch Web-to-Print stark angetrieben wird. Die Kunst besteht darin, die Kanäle optimal zu bespielen, um die jeweiligen Stärken auch zur Geltung zu bringen. Als Branche sind wir angehalten, die Stärken von Print in einer multimedialen Welt selbstbewusster zu kommunizieren!
Heißt das im Umkehrschluss, dass der Verkauf seitens der Druckereien anders agieren muss?
Daniel Broglie: Ich glaube, hier sollte ein Umdenken stattfinden. Wir sehen das beispielsweise, wenn wir digitale Lösungen bei Kunden einführen. Ist das Provisionsmodell nur an die Menge gebunden, fehlen die Anreize für Digitaldruck.
In jeder Veränderung liegen ja auch Chance. Wo liegen die Chancen für die Druckbranche?
Walter Weber: Wenn die Quantität aufgrund eines veränderten Kommunikationsverhaltens sinkt, geht der Preisvorteil für hohe Quantität verloren. Infolge dessen kann ich nur die Wertigkeit verkaufen. Das bedeutet, dass wir viel stärker die Kommunikationsaspekte ins Feld führen müssen. Vor Kurzem sagte jemand zu mir: »Druck ist nur noch für jemanden, der es verdient.« Die Aussage ist vielleicht etwas überspitzt, aber sie unterstreicht die Wertigkeit von Print.
Daniel Broglie: Eine zweite Chance sehe ich hinsichtlich des aktuellen Fachkräftemangels. Wenn es den Unternehmen gelingt, ihr Expertenwissen aufrechtzuerhalten, greifen die bestehenden und potenziellen Kunden gerne darauf zurück. In Agenturen und Verlagen ist einfach schon viel Know-how verloren gegangen.
Welche Schwerpunkte setzt Chromos in der Entwicklung des Produktportfolios?
Daniel Broglie: Wir haben mit der Fusion von Reico und Chromos Österreich für Klarheit gesorgt. Und das war richtig. Kunden schätzen es, dass wir unser Engagement vor Ort verstärkt haben – trotz der gegenläufigen Marktentwicklung; wir sehen einfach Chancen am österreichischen Markt. Darüber hinaus sind wir davon überzeugt, dass wir nicht alles von der Schweiz aus machen können.
Walter Weber: Am österreichischen Markt erleben wir gerade eine anspruchsvolle Zeit. Die erste Herausforderung ist die, dass im letzten Jahr viel auf Lager gelegt wurde, was jetzt abgebaut werden muss. Das betrifft den Akzidenzdruck ebenso wie die Verpackung. Die zweite Herausforderung betrifft die steigenden Energiekosten und die Inflation, beides wirkt sich negativ auf das Konsumverhalten aus. Das ist aber kein österreichisches, sondern ein gesamteuropäisches Problem. Eine interessante Erweiterung unseres Portfolios sind die Kelva-Bahnreinigungssysteme, die wir selbst herstellen. Gerade wenn die Papierqualität nachlässt, ist der Einsatz solcher Systeme sinnvoll. Im Zeitungsdruck sorgen die Bahnreinigungssysteme für weniger Unterbrechungen, aber auch im Verpackungsdruck helfen sie, die Materialien staubfrei zu halten.
Vor allem die Preisentwicklung bei Papier und Verbrauchsmaterialien hat der Branche zu schaffen gemacht und letztendlich auch zu einem Nachfragerückgang geführt. Wie schätzt ihr die weitere Entwicklung ein?
Walter Weber: Bis Jahresende gehe ich davon aus, dass die Situation anhalten wird. Ich bin aber überzeugt, dass es anschließend einen Aufschwung geben wird. Einige unserer Kunden haben trotz des anspruchsvollen Umfeldes die Chance genutzt, ihren Maschinenpark zu erneuern – sowohl im Offset- als auch im Digitaldruck.
Daniel, kannst du uns sagen, wie jetzt der Vertrieb von HP Indigo-System in Österreich geregelt ist?
Daniel Broglie: Generell wird unser Auftritt in Österreich von vielen Lieferanten geschätzt. Wir haben in diesem Jahr die Vertretung für die Etikettenfarben von Zeller+Gemlin erhalten und die Vertretung von Flexodruckplatten von Asahi für Österreich übernommen. Bei HP hat der eigene Vertriebsmitarbeiter für Österreich gekündigt. Als sein Nachfolger für den österreichischen Markt ist ein guter Fachmann aus dem HP Hauptsitz in Spanien zuständig. Wir betreuen HP Indigo in Österreich mit unserem bekannten Verkaufsprofi Heinrich Maag. Er wird von unseren vier Verkäufern von Chromos Österreich – Stefan Bachmayer, Ernst Glatz, Thomas Lagler und Daniel Hämmerle – unterstützt. Wir verfügen in Österreich für HP zudem über zwei Standorte für Ersatzteillager und zwei für Verbrauchsmaterial. Wir sind also sehr gut aufgestellt, und die Produktionssicherheit für unsere Kunden ist gewährleistet.
Der Offsetdruckmarkt ist in Europa schon seit einigen Jahren rückläufig. Anwendungen wandern auch in den Digitaldruck ab. Wird Chromos weiterhin Offsetdruckmaschinen vertreiben? Ist das mittelfristig interessant?
Daniel Broglie: Klar, wir beobachten den Markt. Aber der Erfolg in diesem Jahr hat uns regelrecht beflügelt. Dabei ging es um Ersatzinvestitionen. Wir konnten uns hier mit unseren Lösungen für Offsetdruckmaschinen von RMGT gegenüber den Mitbewerbern durchsetzen. Das liegt unter anderem an unserem attraktiven Preis-Leistungsverhältnis. Darüber hinaus betreuen wir für RMGT das komplette Ersatzteillager für Europa.
Chromos hat vor Kurzem die DVS-Systemsoftware übernommen. Welche Überlegungen waren damit verbunden?
Daniel Broglie: Die Übernahme hatte eine strategische Komponente. Als Chromos haben wir erkannt, dass es wichtig ist, auch im Software-Bereich aktiv zu sein. Das war der Hintergrund für uns. Außerdem hatte DVS ein Nachfolgeproblem zu lösen. DVS bietet ERP-Systeme und Shopsysteme an. Sie verstehen den Druckmarkt und bringen eine nachhaltige Kundenbasis mit. Und das Wichtigste für uns: Wir sehen auch Potential in der Weiterentwicklung – DVS betreut in Österreich etwa mehrere Großkunden aus dem Verpackungssektor.
Welchen Einfluss wird Künstliche Intelligenz (KI) auf die Druck- und Verpackungsbranche haben?
Daniel Broglie: Wir nutzen KI in der Administration, um gewisse Tätigkeiten vorzubereiten. Eine weitere Anwendung sehe ich in der Fehlererkennung – etwa im Bereich der präventiven Wartung. Das ist heute schon in Verbindung mit Druckmaschinen, egal ob analog oder digital, gelebte Praxis. Auch im 3D-Printing wird KI noch stärker zum Einsatz kommen.
Walter Weber: Im Marketing greifen wir teilweise auch schon auf KI-Tools zurück. Ein Beispiel ist die Code-Programmierung, mit der man sehr schnell ans Ziel kommt. Der Experte ist immer ausschlaggebend, da er den richtigen Kontext vorgeben muss, um in komplexen Umgebungen Prozesse zu optimieren. Auch in ERP-Systemen kann KI helfen, Abläufe zu beschleunigen. Im ERP System von DVS steckt ein Kalkulationsroboter, der de facto auf Knopfdruck unterschiedliche Kalkulationsvarianten ausspuckt.
Im Segment Industrial hat Chromos das 3D-Printing und die Robotik zusammengefasst. Gerade Robotik scheint für die Druck- und Verpackungsindustrie interessant zu sein. Welche Lösungen bietet ihr hier an?
Daniel Broglie: In der Weiterverarbeitung sind wir dabei, manuelle Arbeitsschritte durch kollaborative Roboter zu ersetzen. Der Vorteil dieser Systeme liegt darin, dass man sie schnell umprogrammieren und an anderer Stelle einsetzen kann. Natürlich helfen solche Lösungen auch, dem Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken. Im 3D-Druck wurde mit Metall-Anwendungen einen neue Ära eingeläutet. Damit multiplizieren sich die Anwendungsmöglichkeiten enorm. Interessant ist hier unter anderem die Produktion von Ersatzteilen.
Welche Erwartungen verknüpft Chromos mit der drupa?
Daniel Broglie: Das Spezielle an der drupa war und ist, dass dort Maschinen mit großem Aufwand installiert werden. Dieses Konzept wird auch 2024 verfolgt. Für Besucher ist das ein attraktives Format, innerhalb kurzer Zeit unterschiedlichste Lösungen live in Produktion zu erleben. Es liegt dann an den Besuchern, ob sie dieses Angebot annehmen. Die Labelexpo, aber auch die interpack waren spannende Veranstaltungen, von denen man viel mitnehmen konnte. Gleiches erwarte ich mir auch von der drupa.
(Interview: Graphische Revue Dezember 2023, Knud Wassermann)